"love will not break your heart but dismiss your fears"
Fremder? Was führt dich dein Weg hierher? bist du etwa gewillt, dich anzuschließen? Nun streuner, es bleibe dir überlassen. Und doch weiß ich, dass auch du, den Ruf nicht ignorieren kannst...
Forengründung
16. April 2009
AUfnahmestopp
inaktiv
RUDEL
"as brothers we will stand and we'll hold your hand"
Rudelstand
4 Fähen | 6 Rüden
TEAM
ALASKA # SADEC # NAADIR
PLOTLINE
"And you rip out all I have Just to say that you've won"
Der Frühling ist gekommen und verbirgt mit seiner blühenden Schönheit die Gefahren der Zukunft. Blauäugig wandert das Rudel durch die Berge, ohne zu ahnen, was sich hinter den Gipfeln verbergen mag. Eine Lawine? Ein feindliches Rudel? Gewiss ist: Die Zukunft hat noch ein Ass im Ärmel.
N A M E."Doch sie war sich sicher, dass sie nun einen Engel brauchte, der sie aus dem Abgrund rettete, in den sie gefallen war. Sie brauchte ihren Gefährten oder wenigstens ein Bruchteil dessen, was sie in seiner Anwesenheit gespürt hatte. Und so kam es, dass sie ihrem Nachwuchs, ein Rüde, seinen Namen gab. SADEC ZIMBAH sollte er heißen und sie immer an den Fehler erinnern, den sie gemacht hatte und gleichzeitig sollte er sie beschützen, sollte der Engel an ihrer Seite werden, dessen Namen sie rufen konnte, wenn sie nicht weiter wusste." G E S C H L E C H T.Rüde A L T E R."Die Tage und Nächte gingen ineinander üben, glitten an Sadec Zimbah vorbei, ohne dass er es mitbekam."
3, 4 oder doch schon 5 JAHRE? Wie viele mögen wohl vergangen sein? Es ist kaum möglich, eine genaue Angabe zu machen. 2 Jahre alt war er, als er seinen eigenen Weg fand. 1 Jahr ist es, das er bei den Sturmtänzern verbrachte. Und dazwischen? Dazwischen liegt ist die Zeit verloren gegangen. Sie war nie von Belang, solange er überlebte. Da waren Schritte, die er zählte, schlaflose Nächte und die vielen Gerüche in seinem Kopf. Aber die Zeit, ja sie war verloren. UNTERART. “Ein HUND ist zu schwach, um in deinem Zustand zu überleben. Zu schwach, um die Gefahren der Natur bewältigen zu können!“ Sie machte eine Pause, hob das Haupt wieder und wandte sich zum Gehen um. Wie gern hätte er sie aufgehalten, aber es ging nicht. “Ein WOLF jedoch . . . ja, ein Wolf ist stark. Er könnte es schaffen.“ Und mit diesen Worten verschwand sie, löste sich auf ihn ein strahlendes Licht, das nur für den Bruchteil einer Sekunde heller strahlte als jegliches Sonnenlicht, bevor es verebbte.
Wolfhund x Timberwolf
A U S S E H E N.“Und so wuchs er heran. Aus einem dürren Welpen wurde ein Junghund, schmal gebaut mit langen Läufen. Sein Pelz veränderte sich zu einem weichen Saum, mit den Farben seiner Mutter. Sanfte Brauntöne, die spielerisch ineinander griffen, auf einem weißlich beigen Grundton. Doch so hündisch er auch zu wirken versuchte, schon bald merkten die Zweibeiner, das etwas nicht stimmte. Denn sein Anblick hatte etwas wildes, raues, das ganz und gar nicht dem entsprach, was ein Hund ausstrahlte. Seine Muskeln waren fester als die eines Haustieres, seine Kiefer kräftiger und sein Schädel breiter. Und als sie glaubten, er sei ausgewachsen, wuchs er weiter, wurde größer. Doch er behielt seinen agilen und athletischen Körper, den er jeden Tag bei langen Läufen mit seinem Menschen trainieren konnte. Die Augen bekam er von dem Vater. Sie hatten die Farbe einer dunklen Haselnuss und in ihnen spiegelte sich stets die Wärme der untergehenden Sonne. Und mit jedem Tag, den er weiter wuchs, wuchs auch seine Kraft. Er wurde stärker und wendiger, lernte, mit seiner ungeheuren Ausdauer umzugehen, die er Tag für Tag aufs Neue entdeckte, lernte seine Instinkte zu nutzen, die ihm seine Umgebung bis ins kleinste Detail schilderten.“
„Unbehagen machte sich in dem jungen Rüde breit, der mittlerweile zwei Jahre zählte und 76 cm maß.“
„Unsanft wurde er am Hals zurückgerissen und spürte nur noch, dass selbst der dunkelrote Rinnsal, der sein Gesicht hinab rann, das lodernde Feuer nicht löschen konnte, das auf seiner linken Gesichtshälfte entfacht war. […] Ein strahlendes Weiß empfing Sadec Zimbah, als er sein unverletztes Auge aufschlug.“ M E R K M A L.Einäugiges Halbblut
C H A R A K T E R."Man hatte ihm beigebracht, so zu reagieren, sollte ein Eindringling den Hof betreten, aber man hatte ihn nicht vor der Kette gewarnt, die ihm nun Fell und Haut aufgerissen hatte. Blut lief seinen Hals herunter und verkrustete in seinem Fell."
"Etwas wie Hoffnung keimte in seinem Herzen auf. Ein Gefühl, das er bisher nicht gekannt hatte, das ihm aber so willkommen war, dass er nicht mehr los lassen wollte. Er prägte es sich ein, um es immer wieder aufrufen zu können, wenn er es benötigte. Doch was ihn noch von der Freiheit trennte, die er sich sehnlichst wünschte, war diese im Sonnenlicht silbern glänzende Kette, die ihm um den Hals hing. "
"Seine Wunden hatte man noch nicht behandelt und umso größer war der Schmerz. Doch Sadec's Wille war groß und der verlangte, endlich wieder den Wind im Pelz spüren zu können."
"Bitter schmeckte der Schmerz des Versagens, so bitter, dass er sich schwor, ihn nie wieder schmecken zu müssen. Er sagte sich, er wolle stets um das kämpfen, was sein Herz begehrte."
"Hatte er etwa Furcht? Wo war der Mut hin, den ihm sein Vater vererbt hatte? Die Menschen hatten ihn geraubt, so schien es, ihn verdrängt, um Sadec als einen ängstlichen und mickrigen Junghund zu entblößen. Aber das war er nicht."
"Mit der Schnauze am Boden und zu Berge stehendem Pelz folgte er der Fährte, deren Duft so viele verschiedene Gefühle in ihm hervorrief. Doch wenn er eines konnte, dann jene Emotionen verdrängen, die ihm unpassend schienen. Und so behielt er nur eines im Blick: und das war die Erkenntnis, dass es ein Eindringling war, den er suchte. Unbewusst stürzte ihn das in eine Schlucht, in der es finster war und die ihn zu verschlucken drohte. Eine Erregung ergriff ihn, die mit jedem Schritt, den er tat, mehr Besitz von ihm ergriff."
"Und aus diesem Hass formte sich etwas, erst schemenhaft, dann immer deutlicher, bis die exakten Konturen von seinem Körper Besitz ergriffen: Ein Beschützerinstinkt, der synchron mit seinem Herzen in seiner Brust schlug."
"Aber wollte er das überhaupt, sich verstecken? Nein, das war feige. Und ein Feigling war er nicht. Ganz und gar nicht. Sonst wäre er nun nicht hier, sonst hätte er schon zu Beginn die Reise abgebrochen."
"Er würde nicht scheitern, dem war er sich sicher. Und wenn er bis an das Ende der Welt laufen musste, er würde es tun. Immerhin hatte er einen Begleiter, jenen, der ihm immer beistand, ihm folgte und ihm ab und an einige unverständliche Wörter in die Ohren raunte."
"Jedes bisschen Optimismus, dass sich in seinem knochigen Körper finden würde, war nun wertvoll, um nicht so zu enden wie die von Pessimismus triefenden Wölfe, die einsam und verbittert durch die Länder streiften und sich selbst vorgaben, auf der Suche nach einer Bleibe zu sein, stattdessen aber nur immer tiefer in Selbsthass versinken wollten. Nein, nein, nein! Er war keiner von diesen Alten."
"Gleichzeitig jedoch, als sein Blick über die Schultern fiel, da hatte er das Gefühl, nur einen Herzschlag zuvor geboren zu sein. Aber da war etwas zwischen ihm und seiner Vergangenheit, eine kühle, ungenannte Distanz, die wie Ketten an ihm hingen und ihm zusätzlich zu schaffen machten."
"Das hier, er Auslöser für all das, war der Geruch des Rudels, der sich mit sanftem, aber hartnäckigem Griff an ihn heftete. Er schluckte schwer. Wer war er, dass er eine Familie fürchtete? Die Angst, erneut verlassen zu werden, die Angst, auf ewig verlassen zu sein. Beide waren ihm bekannte Gefährten. Und doch war da ein Teil in ihm, tief in seinem Herzen, der sich nach Glück und Freude sehnte."
"Doch wer war er nun? Ein Rudelwolf? Ein Streuner, der sich einem Rudel angeschlossen hatte?"
"Sie waren wie eine Familie für ihn, aber da war auch diese Stimme, so klitzeklein und kaum hörbar, die ihn Geschichten von Fremdheit ins Ohr raunte. Zwar war er fest davon entschlossen, den Umgang mit ihr zu erlernen, sie zu ignorieren und zu vergessen, doch dieser Teil von ihm, dieser Teil seiner Seele und seiner Geschichte, er war nicht auszulöschen. Es ist unmöglich seine Wurzeln zu vergessen, alles über Bord zu werfen. Und doch war Sadec fest davon überzeugt, genau das getan zu haben, als er sich damals als Kind der Wildnis bekannt hatte. Er hatte sich seiner Natur hingegeben, mit seinen Ahnen gejagt, mit dem Wind getanzt. Dabei vergessen, wer er wirklich war . . . Er konnte sich nicht erinnern. Der Gedanke machte ihm Angst. Der Gedanke an sich selbst. An sein Sein. Er war so komplex und ungreifbar, gar nicht vorzustellen. Schnell schloss er seine Augen, richtete seinen Fokus auf etwas anderes. Irgendetwas."
"Euphorie packte ihn, als ihn die verschiedensten Bilder durch den Kopf gingen, die sich ein einsamer Wolf nur erträumen konnte. Er dachte an all die Abenteuer, die sein Leben durchziehen würden, all die Wege, die er passieren würde. War es denn tatsächlich die Vergangenheit, die einen Wolf ausmachte? Die Zukunft kam ihm so viel wichtiger vor, das was man noch nicht erreicht hatte. Die Zukunft und diejenigen, die sie formen würden. Alaska würde es tun, das Rudel würde es tun und womöglich auch diese zwei Wölfinnen. Er fragte sich, wie es aussehen würde. Der Wind fuhr ihm durch den Pelz, raunend, als wolle er ihm bereits einen Vorgeschmack geben. Und ja, Sadec wollte mehr. Noch immer fühlten seine Beine sich an, als lägen sie in schweren Eisenketten. Doch nun, in diesem unscheinbaren und bedeutungslosen Moment, der wusste er, dass er es eines Tages schaffen konnte, sie zu lösen. Frei zu sein. Wirklich frei. Aber was bedeutete das eigentlich, Freiheit? War er denn schon bereit für die Verantwortung, die solch eine Freiheit mit sich bringen würde? Oder war der Schutz des Rudels, unter dem er sich wie ein verängstigter Welpe verbarg, genau der richtige Ort für ihn?"
"Seine Stimme klang rau und kratzig, entsprach kaum dem Alter, das sein Körper ihm vorschrieb. Doch dieser Tatendrang, der ihn mit einem Mal gepackt hatte, schüttelte und schubste und klammerte sich mit aller Kraft an den Rüden. Ihn enttäuschen wollte Sadec Zimbah keineswegs."
"War das hier etwa der Versuch, endlich einen festen Anschluss zu knüpfen? Oder einfach nur Unwissen darüber, wie man sich als demütiger Rudelwolf verhielt? Dabei sollte ihm Letzteres mittlerweile mehr als klar sein."
"Seit sein Vater ihm gezeigt hatte, was Freiheit bedeutet, was Hoffnung und Erfolg bedeutet, seitdem ist er in Bewegung. Seitdem läuft er voran, die Schnauze stets nach vorne gerichtet. Und so gab es auch jetzt keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen."
"Noch immer versteckte Sadec Zimbah sich in seiner Blase, die ihn umschloss, als liefe er Gefahr in tausend Stücke zu zerfallen."
"Sah er sich noch immer als Individuum, während die anderen Wölfe in der Einheit des Rudels untergingen? Fragen, auf die er keine Antwort wusste, auf die niemand eine Antwort wusste."
"Aber er, Sadec Zimbah, der Halbling, blieb eben nur der Beobachter."
"Es war für Sadec Zimbah noch nie eine Frage gewesen, wie er einem einsamen Wolf am besten gesellschaft leisten konnte. Normalerweise war er der einsame Wolf, der in einem stummen Trott dem Rudel folgte. Generell war es eigentlich nicht seine Art, aber etwas in ihm trieb ihn an. Etwas, dem er zuvor noch nie begegnet war. Und das verwirrte ihn."
"Denn er war auch einsam, alleine in dieser Welt, in der alles und jeder seinen Platz gefunden zu haben schien. Außer er, der diesem Rudel Wölfe folgte, als sei er einer von ihnen. Aber er konnte nicht zulassen, schwach zu werden, nicht in diesem Moment. Man verlangte nach Stärke, nach Halt und nach Hoffnung, die zu geben er im Stande war. Denn er glaubte, trotz der Leere in seinem Herzen, die darauf wartete, gefüllt zu werden, an das Gute."
"Die Erinnerungen an den Tag, an dem man ihm seine Mutter fort genommen hatte, die Erinnerungen an den Schmerz in seiner Brust, stoben in ihm auf wie eine Stichflamme, durchbrach die sonst so harte Schale und hätten ihn in die Knie gezwungen, wenn da nicht diese unbändige Wildheit wäre, die unaufhörlich in seinem Herzen schlug."
"Das hier war freies Gebiet, er würde dem Fremden kein Vergehen vorhalten können. Trotzdem senkte er sein Haupt nicht, sondern hielt nur eisern den Blick seines Gegenübers stand."
"Seine Gedanken aber wollten den Wölfen gelten, die ihm folgten, den Wölfen, die ihm folgen würden. Ein unbekannter Stolz durchzuckte ihn, so grell wie die Blitze den Horizont. Die Stimme in seinem Kopf war zu leise, um gegen den Donner noch anzukommen, die Flammen in ihm zu hoch, um von ihr erlöscht zu werden. Und obwohl nun, da die Nackenhaare kaum mehr zu Berge standen, die magere Gestalt unter den breiten Schultern zum Vorschein kam, hielt seine selbstbewusste Haltung stand."
"Jetzt galt es mutig zu sein. 'Sei ein Wolf. Sei stark.'"
Spoiler:
Prolog
Ein frischer Wind zog durch Jamilas Pelz und zwang sie, sich noch enger um ihre Welpen zu schlingen. Sie fühlte sich einsam und verlassen und wünschte sich nichts sehnlicher als Zimbah bei sich zu haben, den Vater der Welpen. Der Gedanke an ihn war ihr ein Stich ins Herz, doch sie konnte das Bild von ihm in ihrem Kopf nicht vertreiben, wie er sie angeblickt hatte, mit seinen wärmenden, dunkelbraunen Augen. Aber er war fort. Wahrscheinlich hatten sie ihn erschossen. Und damit auch den Traum, den die Hündin bis zu jenem Tag geträumt hatte. Sanft ließ sie ihre Zunge über die drei Leiber gleiten, die unentwegt unter ihrem Bauchpelz zitterten. Nur schwach hoben und senkten sich ihre Lungen und kaum konnte sie die Herzschläge der Kleinen vernehmen. Sie gab sich die Schuld dafür selbst, denn es war der erste Wurf gewesen, den sie den Menschen vorenthalten hatte. Sie hatte ihre Jungen versteckt, wollte sie für sich alleine haben. Und nun musste sie um ihr Leben bangen. Viel zu sehr schmerzten die Wunden, die sich in ihr Herz gefleischt hatten, immer wenn man ihr erneut ihre Kinder entrissen hatte. Nicht noch einmal hätte sie die Kraft gehabt, den Schmerz zu ertragen. Nach drei Tagen verstarben zwei der drei Welpen und als sie sich sicher war, die Menschen würden schlafen, vergrub sie die leblosen Leiber hinter der Hütte, in der sie lebte. Gerne hätte sie sie weiter fort gebracht, um sich sicher zu sein, dass die Menschen sie niemals ausgraben würden, doch die Kette, die unangenehm an ihrem Hals scheuerte, ließ dies nicht zu. Erloschen war jeglicher Glanz in den Augen der Hündin, denn die Einsamkeit fraß ihr Inneres auf, Tag für Tag. Nach der achten Nacht war Zimbah noch immer nicht aufgetaucht und mittlerweile war Jamila sich sicher, dass er tot war. Und sie wusste ganz genau, dass die vermaledeiten Zweibeiner ihn getötet hatten, mit ihren metallenen Röhren. Nur noch unbewusst kümmerte sie sich darum, dass das einzige Junge, welches ihr geblieben war, überlebte. Am elften Tag erst bemerkten die Zweibeiner, dass sich Jamilas Zustand rapide verschlechterte. Ihr Atem ging rasselnd, das Herz raste und unter dem glanzlosen Pelz traten die Hüftknochen und Rippen hervor. Doch bei dem Versuch, die Hündin anzufassen, verteidigte sie sich, während der Hass, die Wut und die Verzweiflung ihre Gedanken kontrollierte und uralte, erloschen geglaubte Instinkte erweckte, die nach Blut und Tod lechzten.
I - Eine Identität
Als der Welpe seine Augen öffnete, waren Jamilas Knochen und Muskeln bereits eingegangen, da knackten und quietschten ihre Gelenke und die Augen waren nur noch ein milchiges Gebilde, das die Höhlen in ihrem Schädel füllte. Doch sie war sich sicher, dass sie nun einen Engel brauchte, der sie aus dem Abgrund rettete, in den sie gefallen war. Sie brauchte ihren Gefährten oder wenigstens ein Bruchteil dessen, was sie in seiner Anwesenheit gespürt hatte. Und so kam es, dass sie ihrem Nachwuchs, ein Rüde, seinen Namen gab. Sadec Zimbah sollte er heißen und sie immer an den Fehler erinnern, den sie gemacht hatte und gleichzeitig sollte er sie beschützen, sollte der Engel an ihrer Seite werden, dessen Namen sie rufen konnte, wenn sie nicht weiter wusste. Es dauerte nicht lange, da wussten die Zweibeiner, dass es keine andere Möglichkeit gab, als die Hündin dazu zu zwingen, mit ihnen zum Tierarzt zu kommen. Als sie sich Jamila näherten, biss ein unangenehmer Gestank Sadec Zimbah's Nase und zitternd versteckte er sich hinter seiner Mutter. “Merke dir diesen Gestank. Er bedeutet die Hölle.“, flüsterte sie ihm zu “Wenn ich nicht zurückkomme... dann flieh. Lauf. Renn fort, so weit dich deine Beine tragen.“. Jedes tröstende Wort, mit dem sie ihm beruhigen wollte, war ihr entglitten. All ihre Ruhe hatte sie für sich selbst aufgebraucht und nun war sie nur noch eine hasserfüllte Hülle ohne Seele, deren einzige Aufgabe darin bestand, ihr Junges zu beschützen. So schaffte sie es, mit letzter Kraft den mageren Körper hoch zu stemmen und voller Zorn zu knurren. Doch die Zweibeiner waren stärker. Schlaff hing ihr Körper an der Kette, die an ihrem Halsband befestigt war, und Sadec Zimbah sah nur noch, wie diese übel stinkenden Wesen sie hinter sich her schliffen, ohne dass ihr Knurren erstarb. Dann packte ihn jemand von hinten und alles wurde schwarz.
Die Tage und Nächte gingen ineinander üben, glitten an Sadec Zimbah vorbei, ohne dass er es mitbekam. Angekettet hatten sie ihn, wie seine Mutter damals. Und obwohl er wusste, dass sie womöglich nicht zurück kehren würde, wartete er auf sie, so wie sie damals auf seinen Vater gewartet hatte. Und so wuchs er heran. Aus einem dürren Welpen wurde ein Junghund, schmal gebaut mit langen Läufen. Sein Pelz veränderte sich zu einem weichen Saum, mit den Farben seiner Mutter. Sanfte Brauntöne, die spielerisch ineinander griffen, auf einem weißlich beigen Grundton. Doch so hündisch er auch wirkte, schon bald merkten die Zweibeiner, das etwas nicht stimmte. Denn sein Anblick hatte etwas wildes, raues, das ganz und gar nicht dem entsprach, was ein Hund ausstrahlte. Seine Muskeln waren fester als die eines Haustieres, seine Kiefer kräftiger und sein Schädel breiter. Und als sie glaubten, er sei ausgewachsen, wuchs er weiter, wurde größer. Doch er behielt seinen agilen und athletischen Körper, den er jeden Tag bei langen Läufen mit seinem Menschen trainieren konnte. Die Augen bekam er von dem Vater. Sie hatten die Farbe einer dunklen Haselnuss und in ihnen spiegelte sich stets die Wärme der untergehenden Sonne. Und mit jedem Tag, den er weiter wuchs, wuchs auch seine Kraft. Er wurde stärker und wendiger, lernte, mit seiner ungeheuren Ausdauer umzugehen, die er Tag für Tag aufs Neue entdeckte, lernte seine Instinkte zu nutzen, die ihm seine Umgebung bis ins kleinste Detail schilderten. Doch mit der Zeit, die verging, wuchs nicht nur sein Körper, sondern auch das Gefühl, einsam zu sein. Er sehnte sich nach Gleichgesinnten, nach einem festen Verband, von dem er Teil seine konnte, sehnte sich nach Freunden und vor allem nach einer Familie. Denn etwas hielt ihn davon ab, sich vollkommen mit den Zweibeinern zu verbünden. Womöglich war es die Feindseligkeit, die seine Mutter gegenüber den Felllosen empfunden und die sich in Sadec Zimbah's Kopf eingeprägt hatte. Er liebte die Menschen nicht, mochte sie nicht einmal sonderlich, aber er hatte keine andere Wahl, so glaubte er, als sich ihnen zu unterwerfen. Schließlich kannte er es nicht anders. Doch dann kam der Tag, der alles ändern sollte, anderthalb Jahre war der junge Rüde erst alt, als plötzlich ein fremder Duft seine Nase erreichte. Es war Nacht und es schien, als würden nur die Sterne den Hof hüten, doch verborgen in der Hütte schlug er die Augen auf, richtete sich auf und trat hinaus. Ein frischer Nachtwind empfing ihn und alles, was er von dem Eindringling noch sah, war ein raschelndes Gebüsch, in das er verschwunden war. Mit wütendem Gebell wollte Sadec Zimbah dem Fremden nachsetzen, doch mit einem Ruck wurde er von der Kette zurück gerissen, die ihm plötzlich die Luft nahm, und er fand sich auf dem Bauch liegend wieder. Doch dieser Geruch lag noch immer in der Luft, so intensiv, als stünde der Fremde noch neben dem Hofhund. Er hatte etwas wildes und ein kalter Schauer fuhr dem Jungtier den Rücken entlang. Ein letztes Knurren drang aus seiner Kehle, bevor er sich wieder in seine Hütte zurück zog. Man hatte ihm beigebracht, so zu reagieren, sollte ein Eindringling den Hof betreten, aber man hatte ihn nicht vor der Kette gewarnt, die ihm nun Fell und Haut aufgerissen hatte. Blut lief seinen Hals herunter und verkrustete in seinem Fell.
II - Wolfsblut
Die folgenden Nächte wiederholte sich das Schauspiel, doch nie schaffte Sadec es, den Fremden zu Gesicht zu bekommen. Viel zu schnell waren dessen Reflexe, viel zu gut sein Gehör. Vielleicht war er auch einfach viel zu laut. So begann er, sich darin zu üben, leiser zu sein, doch wieder und wieder entwischte der Fremde, war fort, bevor der Junghund aus seiner Hütte geschnellt war. Die Zweibeiner schienen ihr Interesse an ihm verloren zu haben, denn er verbrachte die Tage alleine. Der Auslauf, den er zuvor immer gehabt hatte, blieb am Morgen aus. Stattdessen wurden metallene Röhren mit Kugeln ausgestattet, bevor sie fort gingen und erst am Abend wieder kamen. Es kam vor, dass sie vergaßen, ihren Hund zu füttern und erneut nahm er ab, wurde mager. Das Blut aus der Wunde, die immer dann wieder aufplatzte, wenn Sadec Zimbah aus seiner Hütte preschte, färbte bereits Brust und Nacken rot, ohne dass einer der Menschen davon Wind bekam. Es erinnerte den Rüden an die Zeit, in der er als Welpe vergeblich auf seine Mutter gewartet hatte und ihre Worte erklangen erneut in seinem Kopf. Es bedeutet die Hölle, hatte seine Mutter es beschrieben, wenn man den Geruch der Felllosen wahrnimmt. Er solle fliehen, hatte sie ihm gesagt. Weit fort. Vielleicht war die Zeit dazu gekommen. Vielleicht war es Zeit, diesen Körper zu nutzen, den man ihm gegeben hatte. Etwas wie Hoffnung keimte in seinem Herzen auf. Ein Gefühl, das er bisher nicht gekannt hatte, das ihm aber so willkommen war, dass er nicht mehr los lassen wollte. Er prägte es sich ein, um es immer wieder aufrufen zu können, wenn er es benötigte. Doch was ihn noch von der Freiheit trennte, die er sich sehnlichst wünschte, war diese im Sonnenlicht silbern glänzende Kette, die ihm um den Hals hing.
Es kam der Tag, an dem die Menschen Sadec Zimbah mit auf einen Streifzug nahmen. Er spürte, wie die Energie durch seine müden Beine schoss, seinen Körper zum Blühen brachte. Jeder Schritt, den er tat, hatte etwas befreiendes. Und er mochte dieses Gefühl von Befreiung, von Freiheit. Doch immer, wenn er sein Tempo erhöhte, gab es einen Ruck an der Kette, die noch immer um seinen Hals gebunden war. Seine Wunden hatte man noch nicht behandelt und umso größer war der Schmerz. Doch Sadec's Wille war groß und der verlangte, endlich wieder den Wind im Pelz spüren zu können. Und so zerrte er immer wieder an der Leine, versuchte, sich los zu reißen, was das Brennen an seinem Hals nur verstärkte und die Menschen dazu zwang, ihm einen Schlag auf die Schädeldecke zu verpassen. “Ihr verdammten, felllosen Monster!“, jaulte er, wollte sich wehren und schnappte. Ein weiterer Tritt in die Rippen, der ihn zu Boden zwang. Bitter schmeckte der Schmerz des Versagens, so bitter, dass er sich schwor, ihn nie wieder schmecken zu müssen. Er sagte sich, er wolle stets um das kämpfen, was sein Herz begehrte. Aber nicht für dasselbe wie die Zweibeiner es taten. Er wollte fair bleiben, wollte den Respekt nicht verlieren. Denn nun verabscheute er sie, genauso wie seine Mutter es getan hatte. Er verabscheute ihre Art, wie sie jeden um seine Freiheit beraubten. Und doch zwang ihn etwas, sich zu unterwerfen, eine Stimme, die ihm zuflüstere, er könne es nicht schaffen. Tief drangen sie in einen Wald ein, mit üppiger Vegetation und hohen Bäumen. Unbehagen machte sich in dem jungen Rüde breit, der mittlerweile zwei Jahre zählte und 76 cm maß. Er legte die Ohren an, duckte sich leicht und blickte immer wieder ängstlich umher. Hatte er etwa Furcht? Wo war der Mut hin, den ihm sein Vater vererbt hatte? Die Menschen hatten ihn geraubt, so schien es, ihn verdrängt, um Sadec als einen ängstlichen und mickrigen Junghund zu entblößen. Aber das war er nicht. Plötzlich wurde seine Nase gebissen von diesem Geruch, den der Fremde immer hinterließ, wenn er wieder über den Hof gelaufen war. Seine Muskeln spannten sich und seine Lefzen zuckten hoch. Er wusste, dass jetzt der Moment gekommen war, da er den Fremden endlich zu Gesicht bekommen würde und ihn ein für alle Mal aus seinem Gebiet verjagen konnte. Mit der Schnauze am Boden und zu Berge stehendem Pelz folgte er der Fährte, deren Duft so viele verschiedene Gefühle in ihm hervorrief. Doch wenn er eines konnte, dann jene Emotionen verdrängen, die ihm unpassend schienen. Und so behielt er nur eines im Blick: und das war die Erkenntnis, dass es ein Eindringling war, den er suchte. Unbewusst stürzte ihn das in eine Schlucht, in der es finster war und die ihn zu verschlucken drohte. Eine Erregung ergriff ihn, die mit jedem Schritt, den er tat, mehr Besitz von ihm ergriff. Die Menschen stoppten ihn, doch noch immer hing dieses Verlangen nach Jagd an ihm, dass er kaum mehr abschütteln konnte. Und als er das Wesen erblickte, welches ihn schon solch eine lange Zeit an der Nase herumführte, glaubte er, die Fassung vollkommen zu verlieren und losstürmen zu müssen, aber als er sah, wie der Zweibeiner neben ihm den zitternden Finger auf den Abzug des Mettalrohrs legte, regte sich etwas in ihm. Die plötzliche Zuneigung, die er für das fremde Geschöpf empfand, wirkte auf seine Verachtung für die Zweibeiner wie Öl auf Feuer und jäh loderte eine Flamme in ihm auf, die zuvor im Schatten seiner hündischen Naivität geruht hatte. Auf einmal wurde ihm klar, dass das ganze eine Falle gewesen war, dass die Menschen ihn benutzt hatten, damit er für sie den Fremdling aufspürte und sie ihn töten konnten. Er riss die Augen auf und starrte auf den hässlichen Zweibeiner, in dessen Gesicht sich ein perverses Grinsen geschlichen hatte, das seinen Hass nur noch lauter zum Kreischen brachte. Und aus diesem Hass formte sich etwas, erst schemenhaft, dann immer deutlicher, bis die exakten Konturen von seinem Körper Besitz ergriffen: Ein Beschützerinstinkt, der synchron mit seinem Herzen in seiner Brust schlug. Mit einem kräftigen Ruck, den er sich selbst nie zugetraut hätte, riss er sich von der Kette los und sprang mit gefletschten Zähnen auf den Fellosen. Dieser verlor unter dem Gewicht des Rüden das Gleichgewicht und taumelte zurück. Doch trotzdem erklang ein Knall und Sadec Zimbah vernahm das Jaulen eines Tieres, das nicht er war, dem seinen aber zum Verwechseln ähnlich klang. Doch für Verwirrung gab es in dem unüberschaubaren durcheinander in seinem Kopf keinen Platz mehr. Die verschiedensten Gedanken rasselten nur so auf ihn ein und drohten, ihn zu erschlagen. Unsanft wurde er am Hals zurückgerissen und spürte nur noch, dass selbst der dunkelrote Rinnsal, der sein Gesicht hinab rann, das lodernde Feuer nicht löschen konnte, das auf seiner linken Gesichtshälfte entfacht war. Als eine blutige Finsternis ihn verschluckte hörte er nur noch ein hasserfülltes Knurren und schmerzverzerrte Schreie.
Epilog
Ein strahlendes Weiß empfing Sadec Zimbah, als er sein unverletztes Auge aufschlug. Seine Erinnerungen waren begraben unter der schmerzenden Leere, die in seinem Schädel herrschte und um sie zu bergen fehlte ihm die Kraft. Er fragte sich, ob das der Tod sei und ob es sich so anfühlte, wenn das Leben beendet war und merkte im nächsten Moment, wie absurd dieser Gedanke doch war. Doch als sich plötzlich eine kaum sichtbare Silhouette aus dem Weiß formte, wurde ihm flau im Magen. Ein Artgenosse, der zu einhundert Prozent aus Licht geformt war, trat auf ihn zu, und erst, als er direkt vor ihm stand, erkannte er seine Mutter. Er wollte aufspringen, sie liebkosen und an sich drücken, doch er fühlte sich wie gelähmt. Langsam beugte sie sich zu ihm hinab. Wie wärmend ihr Anblick doch war und gleichzeitig so schmerzhaft. “Ich hatte dir doch gesagt, du solltest fliehen. Was haben sie dir nur angetan?“, hauchte sie ihm ins Ohr. Er wollte sich entschuldigen, wollte ihr sagen, dass er sie nicht mit Absicht enttäuscht hatte, doch jegliche Wörter, die er zuvor gekannt hatte, waren wie weggeblasen. Und so lag er nur schweigend da und betrachtete diese wunderschöne Halluzination. “Ein Hund ist zu schwach, um in deinem Zustand zu überleben. Zu schwach, um die Gefahren der Natur bewältigen zu können!“ Sie machte eine Pause, hob das Haupt wieder und wandte sich zum Gehen um. Wie gern hätte er sie aufgehalten, aber es ging nicht. “Ein Wolf jedoch . . . ja, ein Wolf ist stark. Er könnte es schaffen.“ Und mit diesen Worten verschwand sie, löste sich auf ihn ein strahlendes Licht, das nur für den Bruchteil einer Sekunde heller strahlte als jegliches Sonnenlicht, bevor es verebbte.
Zuletzt von Sadec Zimbah am Di 5 Jan 2016 - 22:33 bearbeitet; insgesamt 22-mal bearbeitet
Sadec Zimbah
Rudelmitglied
So 2 Sep 2012 - 17:37
Spoiler:
Alter Bogen:
Ein frischer Wind zog durch Jamilas Pelz und zwang sie, sich noch enger um ihre Welpen zu schlingen. Sie fühlte sich einsam und verlassen und wünschte sich nichts sehnlicher als Zimbah bei sich zu haben, den Vater der Welpen. Der Gedanke an ihn war ihr ein Stich ins Herz, doch sie konnte das Bild von ihm in ihrem Kopf nicht vertreiben, wie er sie angeblickt hatte, mit seinen wärmenden, dunkelbraunen Augen. Aber er war fort. Wahrscheinlich hatten sie ihn erschossen. Und damit auch den Traum, den die Hündin bis zu jenem Tag geträumt hatte. Sanft ließ sie ihre Zunge über die drei Leiber gleiten, die unentwegt unter ihrem Bauchpelz zitterten. Nur schwach hoben und senkten sich ihre Lungen und kaum konnte sie die Herzschläge der Kleinen vernehmen. Sie gab sich die Schuld dafür selbst, denn es war der erste Wurf gewesen, den sie den Menschen vorenthalten hatte. Sie hatte ihre Jungen versteckt, wollte sie für sich alleine haben. Und nun musste sie um ihr Leben bangen. Viel zu sehr schmerzten die Wunden, die sich in ihr Herz gefleischt hatten, immer wenn man ihr erneut ihre Kinder entrissen hatte. Nicht noch einmal hätte sie die Kraft gehabt, den Schmerz zu ertragen. Nach drei Tagen verstarben zwei der drei Welpen und als sie sich sicher war, die Menschen würden schlafen, vergrub sie die leblosen Leiber hinter der Hütte, in der sie lebte. Gerne hätte sie sie weiter fort gebracht, um sich sicher zu sein, dass die Menschen sie niemals ausgraben würden, doch die Kette, die unangenehm an ihrem Hals scheuerte, lies dies nicht zu. Erloschen war jeglicher Glanz in den Augen der Hündin, denn die Einsamkeit fraß ihr Inneres auf, Tag für Tag. Nach der achten Nacht war Zimbah noch immer nicht aufgetaucht und mittlerweile war Jamila sich sicher, dass er tot war. Und sie wusste ganz genau, dass die vermaledeiten Zweibeiner ihn getötet hatten, mit ihren metallenen Röhren. Nur noch unbewusst kümmerte sie sich darum, dass das einzige Junge, welches ihr geblieben war, überlebte. Am elften Tag erst bemerkten die Zweibeiner, dass sich Jamilas Zustand rapide verschlechterte. Ihr Atem ging rasselnd, das Herz raste und unter dem glanzlosen Pelz traten die Hüftknochen und Rippen hervor. Doch bei dem Versuch, die Hündin anzufassen, verteidigte sie sich, während der Hass, die Wut und die Verzweiflung ihre Gedanken kontrollierte und uralte, erloschen geglaubte Instinkte erweckte, die nach Blut und Tod lechzten.
Als der Welpe seine Augen öffnete, waren Jamilas Knochen und Muskeln bereits eingegangen, da knackten und quietschten ihre Gelenke und die Augen waren nur noch ein milchiges Gebilde, das die Höhlen in ihrem Schädel füllte. Doch sie war sich sicher, dass sie nun einen Engel brauchte, der sie aus dem Abgrund rettete, in den sie gefallen war. Sie brauchte ihren Gefährten oder wenigstens ein Bruchteil dessen, was sie in seiner Anwesenheit gespürt hatte. Und so kam es, dass sie ihrem Nachwuchs, ein Rüde, seinen Namen gab. Sadec Zimbah sollte er heißen und sie immer an den Fehler erinnern, den sie gemacht hatte und gleichzeitig sollte er sie beschützen, sollte der Engel an ihrer Seite werden, dessen Namen sie rufen konnte, wenn sie nicht weiter wusste. Es dauerte nicht lange, da wussten die Zweibeiner, dass es keine andere Möglichkeit gab, als die Hündin dazu zu zwingen, mit ihnen zum Tierarzt zu kommen. Als sie sich Jamila näherten, biss ein unangenehmer Gestank Sadec Zimbah's Nase und zitternd versteckte er sich hinter seiner Mutter. “Merke dir diesen Gestank. Er bedeutet die Hölle.“, flüsterte sie ihm zu “Wenn ich nicht zurückkomme... dann flieh. Lauf. Renn fort, so weit dich deine Beine tragen.“. Jedes tröstende Wort, mit dem sie ihm beruhigen wollte, war ihr entglitten. All ihre Ruhe hatte sie für sich selbst aufgebraucht und nun war sie nur noch eine hasserfüllte Hülle ohne Seele, deren einzige Aufgabe darin bestand, ihr Junges zu beschützen. So schaffte sie es, mit letzter Kraft den mageren Körper hoch zu stemmen und voller Zorn zu knurren. Doch die Zweibeiner waren stärker. Schlaff hing ihr Körper an der Kette, die an ihrem Halsband befestigt war, und Sadec Zimbah sah nur noch, wie diese übel stinkenden Wesen sie hinter sich her schliffen, ohne dass ihr Knurren erstarb. Dann packte ihn jemand von hinten und alles wurde schwarz.
Die Tage und Nächte gingen ineinander üben, glitten an Sadec Zimbah vorbei, ohne dass er es mitbekam. Angekettet hatten sie ihn, wie seine Mutter damals. Und obwohl er wusste, dass sie womöglich nicht zurück kehren würde, wartete er auf sie, so wie sie damals auf seinen Vater gewartet hatte. Und so wuchs er heran. Aus einem dürren Welpen wurde ein Jungwolf, schmal gebaut mit langen Läufen. Sein Pelz veränderte sich zu einem weichen Saum, mit den Farben seiner Mutter. Sanfte Brauntöne, die spielerisch ineinander griffen, auf einem weißlich beigen Grundton. Doch so hündisch er auch wirkte, schon bald merkten die Zweibeiner, das etwas nicht stimmte. Denn sein Anblick hatte etwas wildes, raues, das ganz und gar nicht dem entsprach, was ein Hund ausstrahlte. Seine Muskeln waren fester als die eines Haustieres, seine Kiefer kräftiger und sein Schädel breiter. Und als sie glaubten, er sei ausgewachsen, wuchs er weiter, wurde größer. Doch er behielt seinen agilen und athletischen Körper, den er jeden Tag bei langen Läufen mit seinem Menschen trainieren konnte. Die Augen bekam er von dem Vater. Sie hatten die Farbe einer dunklen Haselnuss und in ihnen spiegelte sich stets die Wärme der untergehenden Sonne. Und mit jedem Tag, den er weiter wuchs, wuchs auch seine Kraft. Er wurde stärker und wendiger, lernte, mit seiner ungeheuren Ausdauer umzugehen, die er Tag für Tag aufs Neue entdeckte, lernte seine Instinkte zu nutzen, die ihm seine Umgebung bis ins kleinste Detail schilderten. Doch mit der Zeit, die verging, wuchs nicht nur sein Körper, sondern auch das Gefühl, einsam zu sein. Er sehnte sich nach Gleichgesinnten, nach einem festen Verband, von dem er Teil seine konnte, sehnte sich nach Freunden und vor allem nach einer Familie. Denn etwas hielt ihn davon ab, sich vollkommen mit den Zweibeinern zu verbünden. Womöglich war es die Feindseligkeit, die seine Mutter gegenüber den Felllosen empfunden und die sich in Sadec Zimbah's Kopf eingeprägt hatte. Er liebte die Menschen nicht, mochte sie nicht einmal sonderlich, aber er hatte keine andere Wahl, so glaubte er, als sich ihnen zu unterwerfen. Schließlich kannte er es nicht anders. Doch dann kam der Tag, der alles ändern sollte, zwei Jahre war der junge Rüde erst alt, als plötzlich ein fremder Duft seine Nase erreichte. Es war Nacht und es schien, als würden nur die Sterne den Hof hüten, doch verborgen in der Hütte schlug er die Augen auf, richtete sich auf und trat hinaus. Ein frischer Nachtwind empfing ihn und alles, was er von dem Eindringling noch sah, war ein raschelndes Gebüsch, in das er verschwunden war. Mit wütendem Gebell wollte Sadec Zimbah dem Fremden nachsetzen, doch mit einem Ruck wurde er von der Kette zurück gerissen, die ihm plötzlich die Luft nahm, und er fand sich auf dem Bauch liegend wieder. Doch dieser Geruch lag noch immer in der Luft, so intensiv, als stünde der Fremde noch neben dem Hofhund. Er hatte etwas wildes und ein kalter Schauer fuhr dem Jungtier den Rücken entlang. Ein letztes Knurren drang aus seiner Kehle, bevor er sich wieder in seine Hütte zurück zog. Man hatte ihm beigebracht, so zu reagieren, sollte ein Eindringling den Hof betreten, aber man hatte ihn nicht vor der Kette gewarnt, die ihm nun Fell und Haut aufgerissen hatte. Blut lief seinen Hals herunter und verkrustete in seinem Fell.
Die folgenden Nächte wiederholte sich das Schauspiel, doch nie schaffte Sadec es, den Fremden zu Gesicht zu bekommen. Viel zu schnell waren dessen Reflexe, viel zu gut sein Gehör. Vielleicht war er auch einfach viel zu laut. So begann er, sich darin zu üben, leiser zu sein, doch wieder und wieder entwischte der Fremde, war fort, bevor der Junghund aus seiner Hütte geschnellt war. Die Zweibeiner schienen ihr Interesse an ihm verloren zu haben, denn er verbrachte die Tage alleine. Der Auslauf, den er zuvor immer gehabt hatte, blieb am Morgen aus. Stattdessen wurden metallene Röhren mit Kugeln ausgestattet, bevor sie fort gingen und erst am Abend wieder kamen. Es kam vor, dass sie vergaßen, ihren Hund zu füttern und erneut nahm er ab, wurde mager. Das Blut aus der Wunde, die immer dann wieder aufplatzte, wenn Sadec Zimbah aus seiner Hütte preschte, färbte bereits Brust und Nacken rot, ohne dass einer der Menschen davon Wind bekam. Es erinnerte den Rüden an die Zeit, in der er als Welpe vergeblich auf seine Mutter gewartet hatte und ihre Worte erklangen erneut in seinem Kopf. Es bedeutet die Hölle, hatte seine Mutter es beschrieben, wenn man den Geruch der Felllosen wahrnimmt. Er solle fliehen, hatte sie ihm gesagt. Weit fort. Vielleicht war die Zeit dazu gekommen. Vielleicht war es Zeit, diesen Körper zu nutzen, den man ihm gegeben hatte. Etwas wie Hoffnung keimte in seinem Herzen auf. Ein Gefühl, das er bisher nicht gekannt hatte, das ihm aber so willkommen war, dass er nicht mehr los lassen wollte. Er prägte es sich ein, um es immer wieder aufrufen zu können, wenn er es benötigte. Doch was ihn noch von der Freiheit trennte, die er sich sehnlichst wünschte, war diese im Sonnenlicht silbern glänzende Kette, die ihm um den Hals hing.
Es kam der Tag, an dem die Menschen Sadec Zimbah mit auf einen Streifzug nahmen. Er spürte, wie die Energie durch seine müden Beine schoss, seinen Körper zum Blühen brachte. Jeder Schritt, den er tat, hatte etwas befreiendes. Und er mochte dieses Gefühl von Befreiung, von Freiheit. Doch immer, wenn er sein Tempo erhöhte, gab es einen Ruck an der Kette, die noch immer um seinen Hals gebunden war. Seine Wunden hatte man noch nicht behandelt und umso größer war der Schmerz. Doch Sadec's Wille war groß und der verlangte, endlich wieder den Wind im Pelz spüren zu können. Und so zerrte er immer wieder an der Leine, versuchte, sich los zu reißen, was das Brennen an seinem Hals nur verstärkte und die Menschen dazu zwang, ihm einen Schlag auf die Schädeldecke zu verpassen. “Ihr verdammten, felllosen Monster!“, jaulte er, wollte sich wehren und schnappte. Ein weiterer Tritt in die Rippen, der ihn zu Boden zwang. Bitter schmeckte der Schmerz des Versagens, so bitter, dass er sich schwor, ihn nie wieder schmecken zu müssen. Er sagte sich, er wolle stets um das kämpfen, was sein Herz begehrte. Aber nicht für dasselbe wie die Zweibeiner es taten. Er wollte fair bleiben, wollte den Respekt nicht verlieren. Denn nun verabscheute er sie, genauso wie seine Mutter es getan hatte. Er verabscheute ihre Art, wie sie jeden um seine Freiheit beraubten. Und doch zwang ihn etwas, sich zu unterwerfen, eine Stimme, die ihm zuflüstere, er könne es nicht schaffen. Tief drangen sie in einen Wald ein, mit üppiger Vegetation und hohen Bäumen. Unbehagen machte sich in dem jungen Rüde breit, der mittlerweile zweieinhalb Jahre zählte und 76 cm maß. Er legte die Ohren an, duckte sich leicht und blickte immer wieder ängstlich umher. Hatte er etwa Furcht? Wo war der Mut hin, den ihm sein Vater vererbt hatte? Die Menschen hatten ihn geraubt, so schien es, ihn verdrängt, um Sadec als einen ängstlichen und mickrigen Junghund zu entblößen. Aber das war er nicht. Plötzlich wurde seine Nase gebissen von diesem Geruch, den der Fremde immer hinterließ, wenn er wieder über den Hof gelaufen war. Seine Muskeln spannten sich und seine Lefzen zuckten hoch. Er wusste, dass jetzt der Moment gekommen war, da er den Fremden endlich zu Gesicht bekommen würde und ihn ein für alle Mal aus seinem Gebiet verjagen konnte. Mit der Schnauze am Boden und zu Berge stehendem Pelz folgte er der Fährte, deren Duft so viele verschiedene Gefühle in ihm hervorrief. Doch wenn er eines konnte, dann jene Emotionen verdrängen, die ihm unpassend schienen. Und so behielt er nur eines im Blick: und das war die Erkenntnis, dass es ein Eindringling war, den er suchte. Unbewusst stürzte ihn das in eine Schlucht, in der es finster war und die ihn zu verschlucken drohte. Eine Erregung ergriff ihn, die mit jedem Schritt, den er tat, mehr Besitz von ihm ergriff. Die Menschen stoppten ihn, doch noch immer hing dieses Verlangen nach Jagd an ihm, dass er kaum mehr abschütteln konnte. Und als er das Wesen erblickte, welches ihn schon solch eine lange Zeit an der Nase herumführte, glaubte er, die Fassung vollkommen zu verlieren und losstürmen zu müssen, aber als er sah, wie der Zweibeiner neben ihm den zitternden Finger auf den Abzug des Mettalrohrs legte, regte sich etwas in ihm. Die plötzliche Zuneigung, die er für das fremde Geschöpf empfand, wirkte auf seine Verachtung für die Zweibeiner wie Öl auf Feuer und jäh loderte eine Flamme in ihm auf, die zuvor im Schatten seiner hündischen Naivität geruht hatte. Auf einmal wurde ihm klar, dass das ganze eine Falle gewesen war, dass die Menschen ihn benutzt hatten, damit er für sie den Fremdling aufspürte und sie ihn töten konnten. Er riss die Augen auf und starrte auf den hässlichen Zweibeiner, in dessen Gesicht sich ein perverses Grinsen geschlichen hatte, das seinen Hass nur noch lauter zum Kreischen brachte. Und aus diesem Hass formte sich etwas, erst schemenhaft, dann immer deutlicher, bis die exakten Konturen von seinem Körper Besitz ergriffen: Ein Beschützerinstinkt, der synchron mit seinem Herzen in seiner Brust schlug. Mit einem kräftigen Ruck, den er sich selbst nie zugetraut hätte, riss er sich von der Kette los und sprang mit gefletschten Zähnen auf den Fellosen. Dieser verlor unter dem Gewicht des Rüden das Gleichgewicht und taumelte zurück. Doch trotzdem erklang ein Knall und Sadec Zimbah vernahm das Jaulen eines Tieres, das nicht er war, dem seinen aber zum Verwechseln ähnlich klang. Doch für Verwirrung gab es in dem unüberschaubaren durcheinander in seinem Kopf keinen Platz mehr. Die verschiedensten Gedanken rasselten nur so auf ihn ein und drohten, ihn zu erschlagen. Unsanft wurde er am Hals zurückgerissen und spürte nur noch, dass selbst der dunkelrote Rinnsal, der sein Gesicht hinab rann, das lodernde Feuer nicht löschen konnte, das auf seiner linken Gesichtshälfte entfacht war. Als eine blutige Finsternis ihn verschluckte hörte er nur noch ein hasserfülltes Knurren und schmerzverzerrte Schreie.
Ein strahlendes Weiß empfing Sadec Zimbah, als er sein unverletztes Auge aufschlug. Seine Erinnerungen waren begraben unter der schmerzenden Leere, die in seinem Schädel herrschte und um sie zu bergen fehlte ihm die Kraft. Er fragte sich, ob dass der Tod sei und ob es sich so anfühlte, wenn das Leben beendet war und merkte im nächsten Moment, wie absurd dieser Gedanke doch war. Doch als sich plötzlich eine kaum sichtbare Silhouette aus dem Weiß formte, wurde ihm flau im Magen. Ein Artgenosse, der zu einhundert Prozent aus Licht geformt war, trat auf ihn zu, und erst, als er direkt vor ihm stand, erkannte er seine Mutter. Er wollte aufspringen, sie liebkosen und an sich drücken, doch er fühlte sich wie gelähmt. Langsam beugte sie sich zu ihm hinab. Wie wärmend ihr Anblick doch war und gleichzeitig so schmerzhaft. “Ich hatte dir doch gesagt, du solltest fliehen. Was haben sie dir nur angetan?“, hauchte sie ihm ins Ohr. Er wollte sich entschuldigen, wollte ihr sagen, dass er sie nicht mit Absicht enttäuscht hatte, doch jegliche Wörter, die er zuvor gekannt hatte, waren wie weggeblasen. Und so lag er nur schweigend da und betrachtete diese wunderschöne Halluzination. “Ein Hund ist jedoch zu schwach, um in deinem Zustand zu überleben. Zu schwach, um die Gefahren der Natur bewältigen zu können!“ Sie machte eine Pause, hob das Haupt wieder und wandte sich zum Gehen um. Wie gern hätte er sie aufgehalten, aber es ging nicht. “Ein Wolf jedoch.. ja, ein Wolf ist stark. Er könnte es überleben.“ Und mit diesen Worten verschwand sie, löste sich auf ihn ein strahlendes Licht, das nur für den Bruchteil einer Sekunde heller strahlte als jegliches Sonnenlicht, bevor es verebbte.